Citroën 11CV Familiale, Baujahr 1956, 8 Sitzplätze, 1900ccm, 60 PS
Der Oldtimer für traumhafte Ausfahrten: Die Familiale-Ausführung ist zusammen mit der „Commerciale“ die größte Limousine der 23 Jahre lang gebauten Reihe. Es gibt nicht mehr viele Autos dieses Typs. Unser 11CV wurde 1989 aus Frankreich nach Berlin importiert. Ab 2007 stand er bei zwei Fachbetrieben mehr oder weniger in Arbeit und wurde 2012/2013 komplett restauriert. Am 20. März 2013 erfolgte die Zulassung in Bayern.
Und so lautet die ganze Historie: Im Jahr 1956 bestellt Thierry Moissont in Paris beim Citroën-Händler Banville für sein Taxi-Unternehmen einen 11CV BF, also die „Familiale“-Ausführung“. Monsieur Moissonts Betrieb läuft glänzend, denn auch in Frankreich steckt der Individualverkehr mit Autos noch in den Kinderschuhen und Taxifahrer haben gut zu tun. Es fährt sich noch relativ entspannt in der großen Stadt und bei den nur sporadisch auftretenden Staus gerät der 11CV nur selten ins Schwitzen. Das Auto braucht einfach frische Luft um die Nase, denn die Kühlleistung kann nur im Fahrtwind ordentlich funktionieren.
Nach sechs Jahren verkauft Moissont sein schwarzes Taxi an Monsieur Baronne, einen fünffachen Familienvater aus Dijon. Der benutzt das große Gefährt unter der Woche, um den beliebten Dijon-Senf aus dem hauseigenen Betrieb auszuliefern. Am Wochenende geht’s dann mit dem 11CV nach Dole, wo ein kleines Ferienhäuschen auf die Familie wartet. Madame Baronne aber findet, dass es mittlerweile von Citroën ein sehr elegantes, neueres Modell gibt. Nämlich die DS, die Göttin – trés chic! Madame Baronne braucht dann auch nicht lange, um ihren Mann zu dem Nachfolgemodell des 11CV zu überreden. Auch für die DS bietet der französische Kult-Autobauer wieder ein Familiale-Modell an, mit ähnlich viel Platz wie im 11CV.
Viel Platz: Links sieht man die Klappsitze im aufgeräumten Zustand. So steht den Gästen im Fond ein Fußraum von knapp einem Meter zur Verfügung.
In den vielen Gauner- und Kriminalfilmen von der Côte d’Azur spielten die 11 CV „Tractions“ oft entscheidende Rollen und bekommen daher auch ihren Spitznamen „Gangster“. Der Name bezieht sich also auf die von den Gaunern geschätzten Fahrleistungen dieses Autos! Aber auch die Polizei fuhr den 11CV und war somit gleich schnell, sodass die Gangster bald auf den 15CV umstiegen: Der motorisch größere Bruder des 11er’s hatte einen Sechszylinder-Motor und deutlich mehr Leistung, was dann auch den Ausschlag gab. Schon in diesem Auto wurde versuchsweise das Hydraulik-Gen der Nachfolge-Generation, der DS, verbaut. Heute sind die 15CV besonders mit der Fahrgestellhydraulik seltene und teure Exemplare auf dem Oldtimermarkt.
Inzwischen sind einige Jahre vergangen und das Jahr 1965 steht vor der Tür, genauso wie die traumhaft schöne Göttin: die DS Familiale. Die fünf Kinder passen immer noch in das große Auto und der Senf aus dem hauseigenen Betrieb wird inzwischen mit einem Citroën HY Lieferwagen ausgefahren. Madame Baronne ist sehr zufrieden!
Der Autohändler hat den 11er in den hintersten Winkel seines Hofes verbannt, wo er von nun an für einige Jahre vergessen wird. Der Geschmack der Autokäufer hat sich zu diesem Zeitpunkt gewandelt und das Vorkriegsdesign ist völlig aus der Mode. Aber langsam fangen die ersten Oldtimer-Freunde an, sich für solches Altblech zu interessieren. Sie nennen sich „Schrauber“ und kümmern sich liebevoll um alte und vernachlässigte Schätze.
Und so ist der nächste Besitzer des 11CV, Michel Fontaine, sehr angetan von dem großen Auto. Es fahren zwar noch genug 11er in Frankreich, aber von der Familiale-Ausführung gibt es jetzt schon nicht mehr viele. Er fängt die Restaurierung an, allerdings auf recht unbedarfte Weise und so findet sich am Ende eine dicke Schicht Prestolith auf dem Blech. Dieser Kunststoff-Kleister wird damals oft in großen Mengen verwendet, um Rostlöcher abzudichten. Von Unterboden- bzw. Hohlraumversiegelung ist noch keine große Rede und so ist das Objekt in der Regel nach einigen Jahren schon recht angefressen.
Aber: Michel fährt fast zwanzig Jahre lang das inzwischen schon wieder aufsehenerregende Fahrzeug in der schönen Provence. Schließlich zieht eine Renault Alpine in seine Garage ein und der 11er hat von da an viel Ruhe. Zuviel, findet Michel und bietet das Fahrzeug zum Verkauf an.
1989 schlägt ein Berliner Sammler zu und fährt den 11er fortan in der großen Stadt an der Spree. Er baut sogar eine Heizung ein! Die vom Werk ursprünglich mitgelieferte „Heizungsattrappe“ war den deutschen Wintern einfach nicht gewachsen. 18 Jahre fährt der 11CV jetzt im Märkischen Sand und durch die neue alte Hauptstadt. Doch dann erregt ein Rolls Royce Mulliner die Aufmerksamkeit des Eigners – zum Verkaufsgespräch reist er in einem Packard von 1928 (mit emaillierten Kotflügeln!) an.
Und so entscheidet sich die Geschichte jetzt positiv für den aktuellen Besitzer des 11CV. Denn dieser träumte schon sein ganzes Leben von einem Oldtimer, aber erst jetzt sind die Umstände passend. Nach der Besichtigung von zwei angebotenen, aber leider hoffnungslos überteuerten Gangstern (Commerciale und Familiale) stößt der glückliche Neu-Oldtimerbesitzer auf das Angebot aus Berlin. Und so fährt er mit seinem Oldtimer nach erfolgter Sanierung seit 2013 und mit großer Freude traumhafte Ausflugstouren und glückliche Brautpaare zum Altar.